Peter Anderegg – Archiv ©

Juni 2018 / Dezember 2017

«DAS SCHÖNE GEHEN» (als Pdf) 

Ein Essay auf www.hochparterre.ch anlässslich des Themenheftes «Flaneur d’Or» 2017

Und: Retten wir das Trottoir, von Köbi Gantenbein im Hochparterre

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Dezember 2017

«Seilbahnen sind urbane Verkehrsmittel!» / «Los teleféricos se convierten en medios de transporte urbanos»
Internationale Seilbahn-Rundschau 5/2017 / R E V I S T A   I N T E R N A C I O N A L   D E   T E L E F É R I C O S   2 0 1 7  Übersetzung: ISR

Seilbahnen in der Stadt? Die gehören doch in die Berge! Seilbahnen – in diesem Beitrag Seilschwebebahnen – verbinden wir mit einem effizienten, flexiblen, zuverlässigen, leisen sowie energie- und umweltschonenden Verkehrsmittel in den Bergen, also auf dem Land. Seilbahnen sind aber zunehmend in urbanem Umfeld, also in Stadträumen, als öffentliche Verkehrsmittel anzutreffen – außerhalb Europas mit steigendem Erfolg.
Die geplante Seilbahn vom S-Bahnhof Stettbach zum Zoo könnte in Zürich ein erster Schritt sein.

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November 2016

«Militärfluglärm - Aufzeichnungen einer Oppositionsarbeit»
das Buch von 1993 jetzt digital und mit ergänzter Chronologie

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April 2016

Mit 65 von der Pflicht zur Kür!

Seit 1. April 2016 arbeite ich auch nach 65 weiter an der Empa mit einem kleinen Pensum am Projekt Langzeitmessungen an Brücken – sogenanntes Structural Health Monitoring (SHM). Seit 1996 misst die Empa an Brücken mit Spannkabeln aus kohlenfaserverstärktem Kunststoff (CFK).

Aus der langen Zeit als Berufsbildner für Physiklaborante/-innen und langjähriger Präsident der AGLPL sowie Projektleiter für eine neue Berufsbildungsverordnung gebe ich auch gerne meine Erfahrungen im Bereich der MEM-Berufe weiter.

>>> Beruf

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Februar 2016

Sanierung Gotthard-Strassentunnel: Mehr Fragen als Antworten!

Es beginnt bereits bei der offiziellen Abstimmungsfrage, wo lapidar von der «Sanierung Gotthard-Strassentunnel» die Rede ist: Kein Wort zu einem zweiten Strassentunnel. Das erfährt man erst im Text. Da gemäss Verfassung die Transitstrassen im Alpenraum nicht ausgebaut werden dürfen, soll nur je eine Spur in den zwei Röhren befahrbar sein. Ist das nicht völlig ineffizienter Ansatz für ein neues Bauwerk? Unterhalten werden müssen aber vier Spuren. Und wie lange wird es dauern, bis bei einem Stau oder unter Druck der EU alle vier Spuren freigegeben werden? Zweifel sind angebracht, ob wirkliche Alternativen geprüft wurden. Und wird es viel sicherer sein durch den zweiröhrigen Gotthard? Im Gegensatz zum zunehmend auf die Bahn verlagerten Schwerverkehr wird nämlich die Anzahl Personenwagen, Kleintransporter und Busse zunehmen – und damit auch die Unfallhäufigkeit. Übrigens: Trotz tragischer Verkehrsunfälle im Gotthardtunnel zählt dieser Streckenabschnitt nicht zu den Unfallschwerpunkten: diese existieren nämlich auf den grossen Verkehrsachsen in Zürich, Basel, Bern und Genf. Aber auch die propagierte temporäre Verlagerung des Schwerverkehrs in den neuen Bahn-Basistunnel wirft Fragen auf? Sollten wir nicht zunächst die Verträglichkeit des schnellen Personenverkehrs mit dem langsamen Güterverkehrs im 57 km langen Tunnel testen (Inbetriebnahme Gotthard 2016 bzw. Ceneri 2019)? Da der Zustand des heutigen Tunnels besser ist als angenommen, ist nämlich keine Eile mit der grossen Sanierung angesagt; man spricht vom Jahr 2035.

Es ist aber auch vorhersehbar, dass der Bau eines zweiten Gotthardstrassentunnels die Agglomerationsprojekte konkurrenzierte. Daran änderte auch der geplante Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) nichts, weil das Geld nicht reichte, um die wahren Engpässe in den grossen Stadträumen zu sanieren. Verkehren auf Agglomerationsachsen täglich 100’000 Autos, werktags teils bis 150’000, so sind es im Gotthardtunnel durchschnittlich 17'000 mit Spitzen von rund 30'000 an wenigen Wochenenden in Ferienzeiten.
Es ist schlicht eine unausgereifte Vorlage, die uns ohne Zeitdruck vorgelegt wird, welche mehr Fragen aufwirft als Antworten liefert, unnötig Probleme generiert und von der Sanierung des bestehenden Tunnels ablenkt.

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November 2015

Bild:www.limmattalbahn.ch

Fast 65% JA zur Limmattalbahn

Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich dem Bau der Limmattalbahn sagen mit über 64.5 Prozent deutlich zugestimmt haben; einzig der betroffene Bezirk Dietikon lehnt die neue Bahn mit 54.1 Prozent ab. Linienführungsstreit und Angst vor Verkehrschaos scheinen hier das Nein angeführt zu haben. Diesem Entscheid muss mit entsprechender Information während des Baus Rechnung getragen werden. Ich bin überzeugt, das die Limmattaler ihr Tram nicht mehr hergeben werden - ähnlich wie das die Schwamendinger nicht mehr würden, die 1978 als betroffener Stadtkreis das Projekt ablehnten.
Die Zürcher Stimmberechtigten haben mit dem deutlichen Ja die Bedeutung dieses weiteren öV-Meilensteins für das Limmattal und den ganzen Kanton erkannt. Wie das Glattal und Zürich Nord ist das Limmattal eine sehr stark wachsende Stadtregion. Um den Verkehr in diesem hoch belasteten Gebiet bewältigen zu können, ist die Limmattalbahn die richtige Antwort. Sie bringt die nötige Transportkapazität mit und ist eine Ergänzung zum Grobverteiler S-Bahn und dem Bussystem. Und sie ist nach der Glattalbahn das zweite Tram, das über die Stadtgrenze Zürichs fährt, ja sogar über die Kantonsgrenze in den Aargau. Im Gegensatz zur tangentialen Glattalbahn, fährt die Limmattalbahn radial zur Stadt Zürich hinaus entlang bestehender Verkehrsachsen durch bereits stark bebauten Siedlungsraum. Als Stadtbahn ist sie eine Strassenbahn, ein Tram und geeignet, die Orts- und Quartierzentren optimal zu erschliessen. Dank viel Eigentrassee und grösseren Haltstellenabständen erreicht sie eine relativ hohe Fahrgeschwindigkeit. Trotzdem wird sie sicher unterwegs sein, weil auch die Erfahrungen aus dem Betrieb der Glattalbahn eingeflossen sind. Die Limmattalbahn besitzt auch dieselbe Spurbreite wie die Stadtzürcher Trams; damit ist eine Verknüpfung mit dem VBZ-Netz für Erweiterungensichergestellt.
Die Limmattalbahn ist aber auch ein städtebauliches Projekt, denn wo ein Tram fährt, entsteht Stadt. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Stadtentwicklung und wertet den Strassenraum auf. Und eine Bahn gibt mit ihren Schienen auch langfristige Entwicklungssicherheit für Investitionen. Die Erfahrung und der Erfolg der Glattalbahn geben dem Recht – mit allen Unterschieden der beiden Projekte. Der Bund, die Kantone Zürich und Aargau sind überzeugt, dass die Limmattalbahn die richtige Antwort ist auf die dort drängenden Verkehrsfragen.

Voraussichtlich kann 2017 mit dem Bau der Limmattalbahn begonnen werden.

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Dezember 2014

Bilder: Doppelmayr/Garaventa

Seilbahnen sind urbane Verkehrsmittel!

Tram, Bus und S-Bahn prägen unsere Schweizer Stadtbilder. Sie bauen wir aus, sie sind Teil der Stadt. Doch oft stehen wir mit dem Ausbau, der Optimierung an: Kein Platz für neue Gleise und Busspuren, zu langsame Trams und Busse, zu teure Ausbauten. Was tun, wenn im zweidimensionalen Verkehrsraum der Platz fehlt, wenn die dritte Dimension unter der Erde mit einer U-Bahn unverhältnismässig und zu teuer ist, die Topografie oder andere Hindernisse Grenzen darstellen? Man geht in die Luft – mit einer Seilbahn. Seilbahnen in der Stadt? Die gehören doch in die Berge! Seilbahnen verbinden wir mit einem effizienten, flexiblen, zuverlässigen, leisen sowie energie- und umweltschonenden Verkehrsmittel in den Bergen, also auf dem Land. Seilbahnen sind aber zunehmend in urbanem Umfeld, also in Stadträumen, als öffentliche Verkehrsmittel anzutreffen - weltweit mit steigendem Erfolg.

Seilbahnbauer sind technisch bereit
Die Hersteller besitzen die Erfahrung und das technische Know-how, Seilbahnen in Städten zu bauen. Bezüglich Sicherheit und Zuverlässigkeit gelten dieselben Massstäbe, auch wenn die Gesetzgebung völlig auf Berg-Seilbahnen konzentriert ist. Auch wenn Seilbahnen zu den sichersten Transportmitteln zählen, die subjektive und objektive Sicherheit klaffen oft auseinander. Aber was ist ihre Funktion im öV-Netz, was sind ihre Stärken und Schwächen? Ähnlich wie andere Transportmittel verbinden, vernetzen und verknüpfen Seilbahnen, darüber hinaus können sie überbrücken oder Schiene und Strasse entlasten. Als Stetigförderer mit hoher Förderleistung und automatischem Betrieb können sie nahtlos in den öV-Takt von Tram, Bus und S-Bahn eingebunden werden. Sie sind also nicht nur sicher und zuverlässig sondern direkt, schnell, komfortabel, barrierefrei (Kinderwagen, Waren, rollstuhlgängig), ökologisch, ökonomisch (Flächenbedarf), bietet lange Betriebszeiten von frühmorgens bis Mitternacht mit kurzen Unterhaltszeiten. Auch wenn Luftseilbahnen naturgemäss nicht um Kurven fahren können, um Ecken fahren können sie jederzeit – nämlich in den Stationen. Das kann durchaus über mehrere Kilometer geschehen. Das wird vor allem auch in südamerikanischen Städten genutzt, um die hügeligen Wohnquartiere mit dem Zentrum zu verbinden.

Integration in Städtebau und öV-Netz
So wie die klassischen öffentlichen Transportmittel unser Stadtbild mitgestalten, ist auch bei einer Seilbahn die städtebauliche Integration als entscheidender Erfolgsfaktor zu beachten. Jede Stadt bringt andere Voraussetzungen mit und es muss genau hingeschaut werden, ob eine Seilbahn das richtige Transportmittel ist und welcher Art sie sein soll. Fragen zu Potential und Nachfrage sind zu klären, spezifische Vorteile und erfolgversprechende Faktoren zu analysieren. Sind es Hanglagen, topografisch schwierige Stadtzentren, urbane Naherholungsgebiete, Verkehrs- oder Infrastrukturanlagen wie Flughäfen, Bahnhöfe, Park&Ride oder Industrie- und Gewerbezonen, die optimal ins öV-Netz eingebunden werden sollen? Städtebaulich könnte es auch interessant sein, Seilbahnstationen zu städtischen Zentren auszubauen, als soziale Treffpunkte mit Läden, Gastronomie, Kultur- und Sportangbeoten aber auch Wohn-, Gewerbe- und Büroräumen. Nichts spricht beispielsweise dagegen, bei der geplanten Zürcher Zoo-Seilbahn den S-Bahnhof Stettbach dicht zu überbauen. Dabei ist stets die integrale Entwicklung von Städtebau und Verkehrserschliessung zu beachten.
Erfolgsvoraussetzung für den Betrieb urbaner Seilbahnen innerhalb bestehender öV-Netze ist zudem, dass sie vollständig ins übrige öV-Netz intergriert werden, sowohl fahrplanmässig als auch tarifarisch. Der Einsatz von Seilbahnen in städtischen Räumen darf also nicht isoliert betrachtet werden sondern als weiterer Faden (hier sogar wörtlich zu nehmen) im öV-Netz.
Seilbahnen müssen als öffentliches Verkehrsmittel daher auch so finanziert und in Verbundsysteme integriert werden. Seilbahnen im urbanen Raum sind als ergänzende Transportmittel durchaus zu begrüssen. Schön wäre, wenn mit Pilotprojekten die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht würde und wir künftig ein heute noch ungewohntes öffentliches Verkehrsmittel nutzen könnten.

Weiter Informationen zu Seilbahnen im urbanen Raum: VöV-Podien und Doppelmayr/Garaventa und CWA Constructions

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Oktober 2013

Zur Zukunft der Stadt im Glattal - Nennen wir sie Glattalstadt

Das Glattal soll sich in den nächsten 30 Jahren qualitätsvoll urban entwickeln, d.h. es soll gut erschlossen sein, ein attraktives Wohn- und Arbeitsumfeld sowie kulturelle Angebote und grosszügige Frei- und Grünräume aufweisen. In einem 18-seitigen Thesenpapier hat die Überparteiliche Arbeitsgruppe Zürich Nord (AGZN) in fünf Kapiteln das Wachstum, die Grenzen, die Räume, die Zwischenräume, die Verbindungen analysiert sowie Thesen und Forderungen aufgestellt, um dieses Ziel zu erreichen.

Die AGZN befasst sich mit der Entwicklung der Region Zürich Nord. Im Zentrum stehen Verkehrs- und Umweltfragen und ihr Verhältnis zu den räumlichen Entwicklungen. Neben den planerischen Entscheidungen sind es sehr oft Projekte der Verkehrsinfrastruktur, die den Raum und somit den Alltag der Menschen, die sich darin bewegen, beeinflussen. Am Anfang dieses Thesenpapiers stand die Absicht, Vorschläge zur Zukunft des öffentlichen Verkehrs in Zürich Nord, ja im mittleren Glattal zu entwickeln. Bald entstand eine umfassendere Debatte über die gewünschte und/oder erwartete Entwicklung dieser Region. Den Beteiligten wurde schnell klar, dass sie zuvor eine Diskussion über die Zukunft des Glattalraumes führen müssen, um gemeinsame Positionen, Kritiken und Forderungen zu entwickeln. Das vorliegende Thesenpapier ist das Resultat dieser Diskussion, die von 2011 bis 2013 geführt wurde. Es soll einen Beitrag leisten zur möglichen und sinnvollen Entwicklung der Stadt im Glattal – nennen wir sie Glattalstadt. In fünf Kapiteln haben wir die Glattalstadt analysiert, Thesen zu ihrer weiteren Entwicklung aufgestellt und Forderungen postuliert, die aus unserer Sicht erfüllt werden müssen, um der Glattalstadt in den nächsten 30 Jahren noch mehr Lebensqualität und Nachhaltigkeit zu ermöglichen.

Download des Thesenpapiers (pdf, 881 kB)

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Juni 2013

Militärflugplatz Dübendorf - weiter eine 'terra proibita'?

Dass der Bundesrat eine weitere aviatische Nutzung des Militärflugplatzes prüfen würde, ist schon länger bekannt. Das jetziges Statement aus Bern ist aber widersprüchlich: Einerseits präsentiert die Bundesregierung ein Raumplanungskonzept, das urbane Verdichtung und Aufwertung von Landschaftsräumen propagiert und anderseits will sie ein 2.5 km2 grosses Gelände in einer Entwicklungszone einer gemischtaviatischen Nutzung zuführen. Ich kenne das turbulente Leben dieses Militärflugplatzes sehr gut und habe mich in den letzten Jahren vor allem damit auseinandergesetzt, ob die weitere Siedlungsentwicklung ein Flugfeld erträgt oder nicht. Ich meine nicht und dabei geht es um weit mehr als Fluglärm. Ganz offensichtlich stehe ich nicht alleine da, wenn der Kanton Zürich, die Zürcher Planungsgruppen und Gemeinden überzeugt sind, eine nachhaltige Zukunft sei nur ohne aviatische Nutzung erreichbar. Mit einer weiteren fliegerischen Nutzung würgt der Bundesrat den positiven Entwicklungsschub ab, der sich mit dem Bau der Glattalbahn anbannte und provoziert viel Rechtsunsicherheit und sehr lange Rechtsverfahren. Man kann nicht ein bisschen fliegen, ein wenig innovativ sein, ein bisschen dies und das. Eine urbane Siedlungsentwicklung in und um diesen Flugplatz mit einem nationalen Innovationspark als Nukleus, mit Wohnen, Gewerbe und viel Grünraum verträgt sich nicht mit der ‚terra proibita' eines Flugplatzes, weil er die Siedlungsräume trennt und das Gelände nicht begangen, befahren oder durchquert werden kann. Zudem zeugt es von Arroganz und Ignoranz von Bundesbern gegenüber dem Kanton Zürich als treibendem Entwicklungs-Motor in diesem Land bezüglich der Entwicklung des Grossraumes Zürich. Aber gegen den Kanton Zürich, die Anrainergemeinden und die Betroffenen wird dieser Auslagerungs-Flugplatz für Kloten nicht durchzusetzen sein.

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September 2011/ März 2012

Tram aus einer Hand

Neue Trams in der Stadt Zürich, Trams in der Agglomeration, Trams von der Kernstadt in die Agglomeration: War es vor Jahresfrist die Linie 12 als erste Tangentiallinie, so war es letzten Dezember die Linie 4 durch Zürich West nach Altstetten. Und weitere Ausbauten sind geplant: Tram Hardbrücke und die Limmattalbahn sind wohl die nächsten, bevor es wieder in der Kernstadt und im Glattal weitergeht – und andernorts. Von den rund sechs Dutzend gewünschten Tramkorridoren wird wohl letztlich ein Dutzend konkrete Chancen haben, weiterverfolgt zu werden. Auf diese Prioritätenliste des ZVV im Rahmen einer Stadtbahn/Tramstrategie warte ich gespannt. Aber auch Netzstudien, Agglomerationsprogramme und regionale und kantonale Richtpläne sind in Überarbeitung.

Nicht nur in Zürich sondern weltweit erleben Trambahnen als Fein- und Mittelverteiler eine Renaissance. Das ist gut so, denn wo ein Tram fährt, entsteht städtisch hochwertig urbaner Raum. Am Tramnetz muss im Ballungsraum Zürich weiter geknüpft werden und neue Tramlinien müssen über die Stadt Zürich hinaus durchgebunden werden – dies ist ein zentraler Erfolgsfaktor und fördert die Identität im  Grosssraum Zürich. Damit würde der für Fahrgäste kaum verständliche Unterschied zwischen einer Stadtbahn und einem Tram hinfällig: dort wo es die Bevölkerungsdichte verlangt, wird es ein Feinverteiler sein und sonst eben ein Mittelverteiler mit grösserem Haltestellenabstand, höherer Geschwindigkeit und mit weniger dichtem Takt – was übrigens beim Tram 10 bereits der Fall ist. Die Tramstadt Zürich ist also weit mehr als die politische Stadt und wächst quasi über ihre Grenzen hinaus.

Und weil das so ist, müssen wir auch über zukunftstaugliche Betriebsstrukturen nachdenken. Seit die Tramlinien 10 und 12 ins und im Glattal fahren, mischt im Raum Zürich eine zweite Bahnbetriebsgesellschaft bei  Trambahnen mit (abgesehen von der Forchbahn). Neben den Verkehrsbetrieben Zürich (VBZ) haben wir mit den Verkehrsbetrieben Glattal (VBG) einen weiteren grösseren und innovativen ‚öV-Player’ erhalten. Beide sind «staatseigene» Betriebe - die VBZ als Verwaltungsabteilung der Stadt Zürich, die VBG als AG im Besitz der Gemeinden im Marktgebiet und dem Kanton. Dabei sind die VBG Eigentümer der Bahninfrastruktur, Betreiber sind aber die VBZ. Die VBZ fährt also mit dem Tram 10 bis zur Stadtgrenze als marktverantwortliches Unternehmen und ab dort bis zum Flughafen als Transportunternehmen im Auftrag der VBG. Vorwiegend «blau vor weiss» in der Stadt Zürich, «weiss vor blau» in der ‚Glattalstadt’. Mit der Limmattalbahn wird die gegenseitige Durchdringung der Stadträume nochmals zunehmen. Gibt es dann ein drittes Tram-Unternehmen? Da sollte man sich schon fragen, wie sinnvoll solche Eigentümerkonstruktionen sind, zumal alle Marktgebiete klein sind verglichen mit europäischen Metropolen.

Wenn wir weiter grenzüberschreitende Trambahnen bauen - was wir unbedingt tun sollen - dann muss über innovative, zukunftstaugliche Eigentümer- und Betriebsstrukturen diskutiert werden. Innovativ war auch die Gründung des ZVV vor über 20 Jahren; dank dieses Erfolges müssen wir heute aber über eine weitergehende Zusammenarbeit diskutieren. Der ZVV als Schirmherr des öffentlichen Verkehrs im Kanton Zürich übt zwar über den Rahmenkredit von rund 400 Millionen Franken jährlich grossen Einfluss auf die Unternehmungen aus. Der ZVV ist aber kein Transportunternehmen und übernimmt damit auch keine unternehmerische Verantwortung. Er kann aber aufgrund des Gesetzes über den öffentlichen Personenverkehr (PVG) Tram- und Buslinien ausschreiben, sofern kein Leistungsauftrag zustande kommt. Sind bereits bei den Buslinien Fragezeichen zum Damoklesschwert Ausschreibung angebracht, so gilt dies erst Recht beim schienengebundenen ÖV - wo es gar keinen Markt gibt. Mit wem soll denn ein Benchmarking vorgenommen werden?  Es ist also darüber nachzudenken, ob nicht alle beteiligten Gemeinden im Grossraum Zürich eine einzige Betreiberorganisation bilden sollten. Der Kanton wäre hier nicht vertreten, da er gemäss Personenbeförderungsgesetz und Bahnreform II nicht gleichzeitig Besteller und Ersteller sein kann. Eine solche Struktur ist nichts revolutionäres, sondern in der einen oder anderen Ausgestaltung in Deutschland und Frankreich erfolgreich eingeführt. Dabei werden Modelle favorisiert, bei welchen alle beteiligten Gemeinden Eigentümer von Infrastruktur und Rollmaterial sind und ein einziges Verkehrsunternehmen mit dem Betrieb  beauftragen. Dieses Unternehmen wäre dann quasi eine Verkehrsbetriebe Zürich für den Grossraum Zürich – das Kürzel VBZ könnte bleiben.

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Juni/März 2011

Gaskraftwerk an der österreichischen Donau

Nicht in die CO2-Falle tappen!

Was jetzt mit der Atomkatastrophe in Japan plötzlich salonfähig wird, vertrete ich mit Hieben von Links und Rechts schon lange: Zur Deckung eines allfälligen Produktionsengpasses sind grosse Gaskraftwerke und Kraftwärmekoppelungsanlagen (KWK) eine mittelfristige Option und Alternative zu Kernkraftwerken – auch wenn dies die CO2-Bilanz im Strombereich verschlechtert. Nur der schweizerische Strom-Produktionsmix ist mit Wasser- und Kernkraft praktisch CO2-frei – also  25% des Energieverbrauches! Die anderen 75% sind fossile Brenn- und Treibstoffe: Sie sind die grossen CO2-Verursacher! Auch wenn die Kernkraft 40% zur schweizerischen Stromproduktion beiträgt, sind das nur 10% der Gesamtenergie. Für die CO2-Diskussion ist also eine Gesamtenergiebetrachtung notwendig. Tendenziell wird zwar die Elektrizität künftig einen grösseren Anteil im Energiekuchen einnehmen – aber natürlich auf einem tieferen Gesamtenergieniveau. Das sieht auch die EEE-Energiestrategie der ETH vor: Energie-Effizienz erhöhen, erneuerbare Energien einsetzen und Elektrizität für Antrieb und Licht. Also hacken wir nicht auf der CO2-armen Stromversorgung herum, wenn als Übergangslösung auch Gas ins Auge gefasst wird. Denn Strom aus Gas kann beispielsweise effiziente Wärmepumpen betreiben und damit fossile Heizungen ersetzen.

Das momentan diskutierte Gaskombikraftwerk Chavalon mit einer Leistung von 400 Megawatt bzw. gut 3 Terawattstunden im Jahr entspricht ungefähr dem Kernkraftwerk Mühleberg und würde die CO2-Bilanz um lumpige 2% erhöhen. Wenn wir das nicht im Brenn- und Treibstoffbereich kompensieren können, dann sind wir unfähig. Selbst die ähnlich grossen Reaktoren Beznau I+II dürften mit etwas Willen locker zu kompensieren sein. Würden alle Schweizer Kernkraftwerke durch Gaskraftwerke ersetzt, müssten wir den CO2-Ausstoss im Heiz- und Verkehrsbereich um 10% reduzieren. Auch das wäre wohl zu schaffen. Lassen wir uns also von den unzähligen Schwätzern und Klimaheuchlern nicht in die CO2-Falle locken, wenn wir Gas als mittelfristige Option diskutieren. Langfristig müssen wir aber auch davon wegkommen: Gas ist ein nichterneuerbarer Energieträger und die Rohstoff-Abhängigkeit bleibt.

Zwischenzeitlich können wir den Ausstieg aus der Kernenergie konsequent und unaufgeregt angehen. Ebenso konsequent müssen wir parallel dazu die Energieeffizienz erhöhen sowie erneuerbare Energieträger, moderne Stromnetze und Speichersysteme als tragende Stütze der Stromversorgung etablieren.

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Mai 2011

Ein Flugplatz in der Agonie

Stellen wir die lebenserhaltenden Massnahmen ein und lassen ihn in Frieden sterben: seit Jahrzehnten liegt dieser Flugplatz in der Agonie! „Ich bin auch überzeugt,  dass ein unumkehrbarer Prozess Gang gekommen ist ... und ... dieser Militärflugplatz in der Agonie liegt. Viele Anzeichen sprechen dafür, etwa das Entstehen verschiedener Unterstützungskomitees, die sich für den Flugplatz stark machen ... Es wird nichts nützen; die Umnutzung des Flugplatzes Dübendorfs ist allenfalls eine Frage der Zeit. Offizielle Anzeichen einer Flugbetriebseinstellung am Ort der Wiege der Militärfliegerei sind schwierig zu deuten; das VBS war immer ein unsteter Partner. Nächste Schritte und Entscheidungen sind kaum voraussehbar. Es würde mich wenig erstaunen, gäbe das VBS übermorgen bekannt, der Flugbetrieb auf dem Militärflugplatz Dübendorf würde eingestellt. Darauf sollten wir gefasst sein und wissen, wie wir uns die Gestaltung des 2.5 Quadratkilometer grossen Flugplatzgeländes in einer hoch belasteten Agglomeration vorstellen...“
Nachzulesen in meinem 1993 publizierten Buch ‚Militärfluglärm – Aufzeichnungen einer Oppositionsarbeit’; einzig EMD habe ich durch VBS ersetzt. Das ewige Hin und Her ist einfach langweilig, weil es sich dahin zieht ohne eine Entscheidung. Lasst ihn endlich sterben den Flugplatz, dann kann Trauerarbeit geleistet werden – zumindest von einigen. Dann kann endlich Neues entstehen. Neues, das dieser Region, dieser Metropole Impulse gäbe und uns aus dieser einseitigen Abhängigkeit löste. Der Flugplatz war immer ein Fremdkörper, der die Stadt und die Region in ihrer Entwicklung hemmte. Und er ist eine ‚terra proibita’ – eine verbotene Stadt.

Impulse zur Umnutzung gab es seit den 60er Jahren, als man den Flugbetrieb aus Lärmgründe einstellen wollte: Damals war es die Erweiterung der ETH (jetzt im Hönggerberg), in den 70er Jahren die Erweiterung der Universität ( jetzt im Irchel) und in den 80er Jahren die Erweiterung des Kantonsspitals (jetzt ja wieder aktuell als Spitalneubau!) – auch das ist nicht neu und im selbigen Buch nachzulesen. Jetzt schreiben wir 2011 und ein Innovationspark mit den klassischen Schweizer Rohstoffen Bildung, Forschung und Innovation könnte der Auftakt sein, die Region Glattal, die Metropole Zürich und die Schweiz zu stärken. Der Bundesrat soll endlich den Flugplatz dicht machen, wie es auch der Entwurf des kantonalen Richtplanes vorsieht. Nutzen wir die einmalige Chance, dieses Gelände städtebaulich, landschaftlich, verkehrstechnisch und energetisch zukunftsweisend zu entwickeln.

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November 2010

pdf des Standpunktartikels im Zürcher Oberländer vom 17. November 2010

Service public – das ist für uns!

Ich möchte Sie ermuntern, Politik ernst zu nehmen und sich einzumischen. Eine offene, demokratische Gesellschaft lebt vom Engagement mündiger Mitglieder, die ihre Rechte und Pflichten wahrnehmen. Wozu aber sich für eine abstrakte Sache wie die Politik und den Staat interessieren - der Staat, der nur Steuern will von uns? Der Philosoph und ehemalige deutsche Bundesminister Erhard Eppler schreibt sehr bildlich in seinem Buch ‚Privatisierung der politischen Moral’: „... den Staat kann man nicht lieben. Aber vielleicht eine Stadt? Eine Landschaft? Gar ein Bundesland? Für den Staat lässt man sich nicht gerne schröpfen, aber für eine ordentliche Schule, für Gehwege ohne Löcher, Strassen ohne Pfützen ... haben die meisten etwas übrig, ... .“ In der Schweiz nennen wir das  Service public, dafür zahlen wir Steuern, nämlich für uns: Der Staat sind wir! 

Funktionierender  Staat
Wir erachten es als selbstverständlich, sauberes Trinkwasser, ein funktionierendes Klär-und Kehrrichtwesen, ein zuverlässiges Bahnsystem, eine verlässliche Post und jederzeit Energie verfügbar zu haben, eine gute Bildung zu geniessen, Informationstechnologien zu benützen, kompetente Polizei- und Rettungsdienste, ein modernes Sozial- und Gesundheitswesen sowie ein vielfältiges Kulturangebot in Anspruch zu nehmen. Es ist aber nicht selbstverständlich und wir müssen auf der Hut sein, dass wir nicht alles dem Markt überlassen. Der Markt kann nicht alles – und er ist auf einen funktionierenden Staat angewiesen. Ohne in Abrede zu stellen, dass viele Dienstleistungen von Privaten ebenso so gut erbracht werden können, sind die privaten, betriebswirtschaftlich orientierten Dienstleistungserbringer unstetere Partner als staatliche. Sie sind weit gehend der demokratischen Kontrolle entzogen und oft fehlen volkswirtschaftliche Kriterien zur sozialen und ökologischen Verträglichkeit. Sofern sie öffentlich Aufgaben übernehmen, werden sie mit Steuergeldern ausgestattet und die Gefahr ist gross, dass aus staatlichen Monopolen einfach (halb)private entstehen. Und oft gehen diese ‚privaten Staatfirmen’ hemmungsloser um mit ihrem Personal als schweizerische KMU. Definitiv nichts auf dem Markt verloren haben Infrastrukturen im Verkehrs, Energie- und Kommunikationsbereich – hier gibt es einfach keinen Markt. Ganz zu schweigen von der Privatisierung des Gewaltmonopols.

Keine Demokratie ohne Politik
Seien wir also vorsichtig mit dem Raubau am Staat. Mit dem Sinken des demokratisch legitimierten Staatseinflusses sinkt die Verlässlichkeit. Die profitablen Bereiche des Service public privatisieren und die nichtprofitablen durch Mittelentzug gefährden – das geht nicht gut. Am Schluss haben wir gar nichts mehr, weil aus obigen Gründen die Privaten nicht verlässlich sind und der Staat nicht mehr verlässlich ist, weil er demontiert wurde.
Die Geringschätzung des Staates zeigt sich zuerst in der Geringschätzung des öffentlichen Raumes. Individuell mag die Verschmutzung des öffentlichen Raumes durch Dreck und Lärm augenfällig sein. Die Gründe sind weniger augenfällig dafür umso schwerwiegender: Das verordnete Verschandeln der Dörfer und Städte, der Ressourcenverschleiss und die Umweltverschmutzung, das Nichtinvestieren in Infrastrukturen, der Sozialabbau oder das Verscherbeln von Staatseigentum - also unserem Eigentum. Darüber sollten wir nachdenken, wenn wir uns berechtigterweise über schmutzige S-Bahnsitze, Bierdosen, Vandalismus, Randalierer oder Kriminalität ärgern.

Es ist also notwendig, sich nicht nur für die eigene, kleine Welt zu interessieren, sondern sich einzumischen und eine eigene Meinung zu bilden, zum Beispiel bei Abstimmungen und Wahlen. Dann sind wir auch in der Lage, seriöse Sachpolitik von vermeintlichen Problemlösern zu unterscheiden und Populisten rechts und links liegen zulassen. Wir Politikerinnen und Politiker können durch Glaubwürdigkeit dazu beitragen. Nur durch aktive Mitgestaltung dieser demokratischen Gesellschaft bewahren wir unsere Individualität. Nochmals Eppler: „Wo die Politik unter die Räder kommt, bleibt die Demokratie nicht verschont. Demokratie ist eine politische Veranstaltung. Es gibt Politik ohne Demokratie, aber keine Demokratie ohne Politik, zumindest nicht lange.“

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Oktober / Dezember 2010

pdf des Tribüneartikels im Tages Anzeiger (Oberland) vom 20. Oktober 2010

Eine Stadt wächst über ihre Grenzen:
Zeitgemässe Stadtentwicklung am Beispiel Glattal

Haben Sie schon mal statt einer Bergwanderung eine Stadtwanderung durch Zürich-Nord gemacht – sie werden erstaunt sein, was da entsteht: Da wächst  eine Kernstadt über ihre politischen Grenzen hinaus und die Satelliten in sie hinein.
Entlang der bald fertigen Glattalbahn findet eine faszinierende urbane Siedlungsentwicklung statt. Aber sie steht oft im Widerspruch zu den Strukturen und der Politik der am Prozess beteiligten Gemeinden. Gemeinden, die zwar zusammenwachsen, sich aber gleichzeitig konkurrenzieren. Das Ziel muss klar sein, die Lebensqualität in diesen Stadträumen zu steigern, also sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Strukturen zu finden sowie die demokratischen Entscheidungsprozesse zu stärken. Damit das Ganze mehr als die Summe der Einzelteile ergibt und sich die Gemeinden als Teil der Metropole Zürich verstehen.

Nur habe ich manchmal das Gefühl, diese rasante Entwicklung fände auch ohne die Politik statt. Und ohne konsequent die realen und funktionalen Stadträume in Übereinstimmung zu bringen. Denn Stadtentwicklung im Grossraum Zürich ist mehr als Raumplanung. Gerade im Glattal haben wir zu viele Parallelstrukturen: die Gemeinden mit ihrer Königreichmentalität, den Verein GLOW, die Zürcher Planungsgruppe Glattal ZPG, die nutzlosen Bezirke, den Kanton und auch der Bund.
Überkommunale Zusammenarbeit demokratisch besser abzustützen ist eine grosse Herausforderung aber letztlich zentral für das Gelingen. Es ist das Bewusstsein zu fördern, dass die Grenze der eigenen Gemeinde auch die Grenze der nächsten darstellt und genau an diesen Schnittstellen die Probleme auftauchen und zu lösen sind.
Zwei Beispiele: Die GLOW-Gemeinden haben bei den Interkommunalkonferenzen mitgearbeitet, bis es ernst galt mit der Verbindlichkeit, dann haben sie sich davon geschlichen. Und die ZPG streicht im Juni 2009 Tramlinien aus dem regionalen Richtplan, um sich ein Jahr später wieder Gedanken zu machen, welche man doch wieder rein nehmen soll. So kann das ja nicht gehen! Man müsste ganz ernsthaft über die Abschaffung der Planungsgruppen nachdenken, jenen Gemeindepräsidentenclubs, welche im Vakuum zwischen der kommunalen und kantonalen Ebene ohne Entscheidungskompetenz herumbasteln. 
Die Einsicht der Gemeinden für eine verbindlichere Zusammenarbeit – bis hin zur Fusion – können wir sanfter oder weniger sanft steuern, nämlich über den Finanzausgleich. Wenn es aus siedlungspolitischen Gründen sinnvoll ist, am einen Ort ein- und am anderen auszuzonen, sollen kooperative Gemeinden davon profitieren können. Wir leben in einer monetären Welt, also steuern wir auch damit. Denn die finanzielle Autonomie der Gemeinden ist tief: Die kantonale Abteilung Gemeindefinanzen schätzt, dass weniger als 20% der Budgets für eigentliche Gemeindepolitik bleiben. Und das widerspiegelt sich auch in Scheindebatten in Gemeindeparlamenten. Ich gehörte selber vier Jahre dem Dübendorfer Parlament an: sie waren von gähnender Langeweile geprägt. Viele der Agglomerationsgemeinden sind sich durchaus bewusst, dass sie Teil einer grösseren Einheit sind; ihre Behörden sehen aber vor allem die Risiken und nicht die Chancen des Zusammengehens. glow.das Glatttal ist zwar erfolgreich und zeigt in die richtige Richtung, weist aber genau die erwähnten demokratischen Defizite auf. Wie können also überkommunale Beschlüsse demokratisch abgestützt werden? Spätestens seit der Einweihung der ersten Etappe der Glatttalbahn wissen wir, dass Grenzen fliessend sind und in dieser polyzentrischen Stadtlandschaft Glatttal ein riesiges Entwicklungspotential steckt. Wir müssen also alles daran setzen, damit die zusammenwachsende Glatttalstadt städtebaulich hochstehend, landschaftlich und verkehrstechnisch optimal entwickelt sowie soziokulturell gut durchmischt wird.

Auch wenn ich mir bewusst bin, dass neue Grenzen auch wieder alte werden: Im Glattal sind eine Glattalstadt-Fusion oder Eingemeindungen in Zürich ein Thema. Oder zuerst eine starke Glattalstadt und dann mit Zürich fusionieren? Gerade Dübendorf, Wallisellen und Opfikon mit der über Grenzen verkehrenden Stadtbahn böten sich für eine Eingemeindung an. Aktiv angehen ist besser als per kantonale Abstimmung eingemeindet zu werden, wie es den Quartieren Enge und Wollishofen 1893 erging – durchaus zu ihrem Wohle.  Zentral ist dabei, die Bevölkerung in solchen Prozessen mitzunehmen: Wir müssen den Menschen glaubhaft machen können, dass sie auch in einer Grossstadt in ihrem Quartier ‚zu Hause’ sind, dort ihre Nachbarn und Freunde haben. Sonst passiert das, was der ehemalige EXPO-Chef Martin Heller ratlos stimmte: „dass man in dieser globalisierten Welt auch Heimat in einer Postleitzahl finden kann“.

Das Ziel muss sein, den urbanen Grossraum Zürich als eine Einheit mit verschiedenartigen Zellen zu verstehen und die Lebensqualität in diesen Räumen sozial, wirtschaftlich, ökologisch und kulturell zu steigern und die politischen Entscheidungsprozesse zu stärken.

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Februar 2010/Juni 2012

pdf des Artikels im Glattaler vom 22. Juni 2012

Die Zooseilbahn, eine sinnvolle zweite öV-AchseBild: www.zoo.ch

Seilbahnen sind weltweit zunehmend auch in Stadträumen als öffentliche Verkehrsmittel anzutreffen und zwar mit steigendem Erfolg! Davon ist nicht nur Peter Vollmer, Direktor des VöV-Schweiz und Seilbahnen Schweiz, überzeugt. Als wir im Kantonsrat 2006 diesen Richtplaneintrag vornahmen, argumentierte ich damit, der Zoo müsse optimal von zwei Seiten mit öffentlichen Transportmitteln erschlossen sein, weil es nicht sinnvoll ist, alles über den Flaschenhals Hauptbahnhof zu erschliessen.

Ab 2010 ist der Bahnhof Stettbach eine der grössten öV-Drehscheiben im Kanton Zürich: Drei S-Bahnlinien, die Stadtbahn, das Tram und Busse werden hier optimal miteinander verknüpft. Und darum macht es Sinn, von hier aus den Zoo direkt mit einer Seilbahn zu erschliessen. Nun braucht es natürlich Rahmenbedingungen, damit ein solches Transportmittel optimal genutzt und störende Einflüsse minimiert werden. Hauptargumente gegen diese Seilbahn sind befürchteter Suchverkehr, die landschaftliche Einbettung, eine Übernutzung durch eine Eventbahn oder die mangelnde Auslastung ausserhalb der Spitzenzeiten.
Zur Verhinderung des Suchverkehrs rund um den Bahnhof Stettbach braucht es nebst rigorosen flankierenden Massnahmen und einer Parkplatzbewirtschaftung, die diesen Namen verdient, ganz klar ein monetäres Engagement des Zoos und der öffentlichen Hand. Ein Zooeintritt muss für öV-Benutzer/innen günstiger sein als für Automobilisten. Und damit komme ich zur Auslastung der Seilbahn: Wenn es langfristig mehr sein soll als ein Zoo-Zubringer - also ein städtisches Verkehrsmittel, das werktags auch von Pendler/innen als Transportmittel benützt wird, dann ist die Seilbahn bei Betriebsaufnahme in das ZVV-System zu integrieren und die Betriebszeit über die Zoo-Öffnungszeiten hinaus auszudehnen.
Und selbstverständlich muss die Stadt Zürich ihre Parkplätze im Zoo auf innerstädtisches Niveau anheben. Damit muss der Zoo akzeptieren, dass er eine verkehrintensive Grosseinrichtung ist, die nicht praktisch kostenlos erreicht werden kann. Zur Beeinträchtigung der Landschaft soviel: Ja, leben wir jetzt im städtischen Raum, der durchaus sehr grün ist oder in einem schützenswerten Naturpark? Vermutlich ist manche Seilbahn in der hehren Bergwelt landschaftlich schlechter integriert als es die Zoo-Seilbahn sein wird.
Ein Wort zur erst zustimmenden und nun ablehnenden Haltung der Stadt Dübendorf: Mit Verlaub, das ist scheinheilig und lenkt von wirklichen und wichtigeren Verkehrs- und Landschaftsproblemen in Dübendorf ab, die bis jetzt auf eine Lösung warten.

Die Talstation hat optimale Anschlüsse im Bahnhof Stettbach. Wir sollten die Chance nicht vergeben, eine Seilbahn ins urbane Umfeld zu integrieren. Politisch können wir dies zwar nicht mehr beeinflussen; die Planungsabläufe haben ihre eigenen Gesetze. Nächstens sollte der kantonale Gestaltungsplan festgesetzt werden und parallel dazu läuft das Plangenehmigungsverfahren auf Bundesebene. Aber wir können dieses Projekt konstruktiv begleiten, damit in ein paar Jahren ein noch ungewohntes öffentliches Transportmittel zwischen dem Glattal und dem Quartier Fluntern verkehrt.

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Oktober 2009 / April 2010

pdf des Standpunktartikels im Zürcher Oberländer vom 14. April 2010

Kernenergie: Drei Mythen Bild: www.axpo.ch

Die Zeichen sind unübersehbar: In der Diskussion um die prognostizierte Stromlücke wird auch die Kernenergie als tragende Stütze im künftigen schweizerischen Strom-Mix eingerechnet. Die Stromkonzerne Axpo, BKW und Alpiq haben beim Bund Rahmenbewilligungsgesuche für je ein Kernkraftwerk mit 1100 – 1600 MW (Megawatt) Leistung eingereicht. Die Internationale Energieagentur (IEA) weist der Kernenergie eine Rolle zur CO2-Reduktion ebenso zu wie das  Nuklearforum Schweiz; und die ETH ergänzt ihre Energiestrategie der 2000-Watt-Gesellschaft um die 1-Tonnen-CO2-Gesellschaft und setzt dabei auch auf die Kernenergie – zumindest mittelfristig. Die Leistung dieser drei Grossanlagen würde fast ausreichen, nicht nur die 1000 MW der Kernkraftwerke Mühleberg und Beznau I+II zu ersetzen, sondern auch die je 1000 MW von Gösgen und Leibstadt sowie die 2000 MW der französischen Stromimporte. Und bereits kämpfen die potentiellen Standortkantone um die nuklearen Einnahmequellen.

Es ist also höchste Zeit, sich zu überlegen, ob dies eine sinnvolle Investition in die Energiezukunft ist. Leider zeichnet sich die gleiche fruchtlose Diskussion über diesen Energieträger wie vor Jahrzehnten ab. Und wieder wird mit Angst gearbeitet – Angstszenarien bezüglich Radioaktivität auf der einen Seite und vor Stromausfällen auf der anderen.
Wenn ich im Folgenden zum Schluss komme, die Kernenergie sei langfristig, d.h. in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts, ein Auslaufmodell, hat das nichts mit Angstmache zu tun sondern mit technischen, ökonomischen und ökologischen Überlegungen. Versorgungssicherheit, tiefe Stromkosten, CO2 und nicht verfügbare erneuerbare Energien werden genannt als Argumente für die Nutzung der Kernenergie. Aber stimmt das auch – vor allem dann, wenn die Energieeffizienz und die erneuerbaren Energien weiter stark zulegen werden?

Mythos Versorgungssicherheit
Axpo, BKW und Alpiq wollen mit 3300 bis 4800 MW den heutigen, inländischen Kernkraftanteil um 10 bis 60% erhöhen. Wollen sie in neue Atomanlagen investieren wegen der Versorgungssicherheit oder wegen des Stromhandels? Wer schon einmal eine Strombörse gesehen hat, weiss, dass Ein- und Verkauf von Strom nicht physikalischen Gesetzen gehorcht sondern Finanzgesetzen. Der  Stromabsatz der AXPO beträgt in guten Zeiten ein Mehrfaches der 20 TWh in ihrem Absatzgebiet (Stromverbrauch Schweiz: 60 TWh). Axpo betreibt lukrativen Stromhandel und das trägt nur teils zur Versorgungssicherheit bei. Im Gegensatz zum Schweizer Produktionsstrommix mit 60% Wasser- und 40%-Kernkraft sieht das Portfolio der Axpo ganz anders aus: sie liefern in ihrem Absatzgebiet 85% Kernkraft und nur 15% Wasserkraft. Gesamtschweizerisch rechnet das Bundesamt für Energie mit 20% nicht deklariertem Strombezug – was gleichzusetzen ist mit billigem fossilem oder nuklearem Strom aus dem Ausland. Wir bekommen also nicht, was in der Schweiz produziert wird: Wenn der Strombedarf kleiner ist, werden mit billigem Bandstrom aus Kernkraftwerken die Wasserspeicher gefüllt und zu Spitzenzeiten teuer verkauft – ins Ausland! Die Stromkonzerne sind also primär aus monetären Gründen am Ersatz ihrer Kernkraftwerke interessiert; dezentrale Stromproduktion liegt nicht in ihrem Interesse. Die Stromkonzerne prüften wohl kaum kleine Kraftwerkseinheiten, obwohl technisch möglich und volkswirtschaftlich tragbar, aber betriebswirtschaftlich kurzfristig teurer. Für die mittelfristige Versorgungssicherheit genügten durchaus kleinere nuklear- oder fossilthermische Kraftwerke von 300-400 MW sowie grosse Kraftwärmekoppelungsanlagen. Grosse Kraftwerkseinheiten mit bis zu 1600 MW Leistung werden primär für den Stromhandel gebraucht. An diesem Handel ist grundsätzlich nichts auszusetzen, sofern wir von der immer wieder geforderten Stromautarkie wegkommen und uns als Teil des europäischen Stromnetzes verstehen. Aber selbst dann bräuchte es nicht so riesige Kraftwerkeinheiten.

Mythos Grundlastabdeckung
Die Rechnung der Kernkraftwerkbetreiber wird aber auch immer weniger aufgehen mit zunehmendem Anteil von erneuerbaren Energien. Kernkraftwerke sind Grundlastkraftwerke und auf Volllastbetrieb ausgelegt und laufen rund 90% der 8760 Jahresstunden. Werden Wasser, Wind, Sonne zusammen mit Kraftwärmekoppelungsanlagen in Verbundsystemen genutzt, tragen sie zunehmend substantiell zur Grundlastabdeckung bei – und das mit Gratis-‚Brennkosten’ und monopolfrei. Olav Hohmeyer, Wissenschafter an der Universität Flensburg und Mitglied des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) rechnet damit, dass der Volllastbetrieb der Kohle- und Kernkraftwerke in Norddeutschland durch die Windenergie auf rund 3500 Stunden absinken wird: das sind noch rund 40% der möglichen Laufzeit. Das neue Stromversorgungsgesetz wird auch in der Schweiz bei den erneuerbaren Energien eine Dynamik der dezentralen Stromproduktion auslösen. Wir müssen daher alles daran setzen, ein Makro- und Mikronetz zu etablieren, welches diese neuen Funktionen zuverlässig übernehmen kann – in der Schweiz und grenzüberschreitend. Aber auch neue Speichersysteme sind aufzubauen, damit Wind- und Sonnenkraftwerke in Verbundsystemen voll zum Tragen kommen.
Es werden also (hoffentlich) nicht Unfallszenarien sein, die der Kernenergie das Genick brechen sondern wirtschaftliche Gründe. Damit könnte sich der Kraftwerkpark der Axpo zu einem Klumpenrisiko entwickeln – auch volkswirtschaftlich, weil das Unternehmen zu 100% den beteiligten Kantonen gehört. Es müssen also politische Vorgaben für einen Umstieg gemacht werden.

Mythos CO2-Reduktion
Ein weiterer Stolperstein für neue Kernkraftwerke dürfte ihre lange Realisierungszeit von 15 bis 20 Jahren sein. Sollte tatsächlich die Stromlücke keine Denklücke sein, muss ein Kraftwerk mit 300–400 MW Leistung innert drei, vier Jahren gebaut werden. Und das kann zentral nur ein Gaskraftwerk sein, welches schnell auf- und abgebaut ist – auch wenn es CO2 emittiert. Aber für die Klimaziele muss ja nicht ausgerechnet die CO2-freie Stromproduktion herhalten: Müsste der gesamte CO2-Ausstoss von zwei 500-MW-Gaskraftwerken in der Schweiz kompensiert werden, müsste die Effizienz im fossilen Brenn- und Treibstoffsektor um 10% gesteigert werden. Und das wäre ja wohl zu schaffen. Wir müssen wegkommen von der einseitigen Stromdebatte hin zu einer Gesamtenergiebetrachtung mit den Brenn- und Treibstoffen, welche mit 75% Anteil die Hauptverursacher der Klimagase sind. Dann realisieren wir, dass die Kernenergie niemals einen substantiellen Beitrag zur CO2-Reduktion liefern kann. Die Kernenergie deckt in der Schweiz zwar 40% des Strombedarfs ab - aber nur 10% des Gesamtenergiebedarfs; weltweit sind dies knapp 3%. Selbst wenn gemäss der OECD Nuclear Energy Agency (NEA) in zwanzig Jahren 630 statt 440 Kernkraftwerke 22% statt 16% der weltweiten Stromproduktion deckten, blieben das nur 4% des weltweiten Gesamtenergiebedarfs. Soll damit das Klimaproblem entschärft werden?! Denn an einen starken Ausbau der Kernenergie glaubt eigentlich fast niemand. Oder wie es Michael Sailer, Ingenieur und Geschäftsführer Nukleartechnik am Öko-Institut Darmstadt, sagt: Eine „Renaissance der Kernenergie“ ist nicht in Sicht.

Die beschriebenen technischen, ökonomischen und ökologischen Gründe sprechen gegen eine langfristige Nutzung der Kernenergie. Auch ohne über ungedeckte Unfallrisiken, Sicherheitsfragen und Abfallentsorgung zu sprechen. Das grosse konzentrierte Stromangebot ist eine trügerische Versorgungssicherheit, ein finanzielles Abenteuer, trägt kaum zur CO2-Reduktion bei und behindert den endgültigen Durchbruch in ein nachhaltiges Energiezeitalter. Im Gegensatz zu den Investitionen in die Energieeffizienz und erneuerbaren Energien: sie werden sicher und zuverlässig sein, ökonomisch sinnvoll, ökologisch unerlässlich und sozial verträglich.

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September 2009

pdf des Tribüneartikels im Tages Anzeiger (Oberland) vom 23. September 2009

Kein S-15-Halt in Dübendorf: Aber dann ein Tram zum Stettbach!

Sie erinnern sich vielleicht: Ende 2005 reichten die SP Dübendorf und die JUSO Glattal eine Petition mit mehr als 1400 Unterschriften ein mit der Forderung für einen S15-Halt am Bahnhof Dübendorf auf den Fahrplanwechsel 2006/7; ins gleiche Horn stiessen die damals sechs Dübendorfer Kantonsrät/innen sowie der Dübendorfer Stadtrat. In einer nachfolgenden Aussprache mit dem Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) wurde versprochen, 2009 die Situation aufgrund der Erfahrungen zu überprüfen und zu entscheiden.
Das hat der ZVV getan mit dem Fazit: Ein Halt der S15 wird auch künftig nicht möglich sein. Dieses Resultat hat der ZVV Ende August einer Stadtratsdelegation und mir präsentiert. Sowohl die Argumentation als auch die Diskussion zeigten folgendes klar: Weder ein S15-Halt noch eine viertelstündliche S9 wird im künftigen S-Bahnsystem mit der 4. Teilergänzungen ab 2016 möglich sein. Gründe dagegen sind grosse und teure Infrastrukturanpassungen und Kapazitätsengpässe; vor allem aber zeigte eine Fahrplanrechnung, dass kein eigentlicher Viertelstundentakt erreicht würde. Bezüglich der Verbindungen zum Hauptbahnhof wird sich die Situation mit der Durchmesserlinie allerdings ab 2013/15 bessern, weil dann die S14 praktisch gleich schnell wie die S9 verkehrt.
Auch wenn ich das Aus für den S15-Halt zunächst bedauere, zeigte für mich die Diskussion klar, welche ‚Schiene’ wir zur Verbesserung der Anbindung an die Stadt Zürich fahren und welche Forderungen wir an den ZVV stellen sollten. Wenn wir das Verdikt des ZVV akzeptieren, dass keine Verdichtung des S-Bahnfahrplanes ab Bahnhof Dübendorf möglich ist, dann muss umgekehrt akzeptiert und erkannt werden, dass wir zur Stadtlandschaft des Grossraumes Zürich gehören. Und dann wird klar, dass diese Stadtlandschaft mit analog hoher Baudichte wie in der Stadt Zürich auch eine analog hohe Qualität beim Feinverteiler Tram und Bus bedingt – unter anderem auch als Zubringer zu S-Bahnhöfen. Diese Veränderungen und Entwicklungen der Raumstruktur schlagen sich auch im eben publizierten kantonalen Raumplanungsbericht 2009 nieder. Unter anderem wird dort „die Etablierung von Stadtbahnen als strukturierende Elemente in den Stadtlandschaften“ postuliert.

Zurück zur Verbindung der beiden Dübendorfer Bahnhöfe und zur Aufwertung des regionalen Bus- und Tramverkehrs: Wenn also kein Ausbau beim Grobverteiler S-Bahn möglich ist, dann bedingt das klare Vorstellungen, wie der Bahnhof Dübendorf und die Stadt Dübendorf schnell an die die ‚öV-Drehscheibe’ Stettbach angeschlossen werden können. Zumal ab Dezember 2010 die Glattalbahnlinie 12 in Betrieb sein wird (die Dübendorf zwar nur peripher bedient) und ab 2016 die zusätzliche S-Bahnlinie 11 von Winterthur in Stettbach hält. Eine optimale Erreichung des Bahnhofs Stettbach ist daher zwingend und zwar mit kurz- und mittelfristigen Massnahmen. Die kurzfristigen Massnahmen sind auf den nächsten Fahrplanwechsel 2010/11 umzusetzen und sie beinhalten viertelstündliche staufreie Busverbindungen über die Zürich- und die Überlandstrasse während der ganzen Betriebszeit. Diese dienen als Vorläufer für einen späteren Trambetrieb. Das heisst aber auch, dass je nach Entwicklung eine Verdichtung des Fahrplanes auf städtisches Niveau mit einem 7.5-Minutentakt angezeigt ist und der Mittelverteiler Glattalbahn mit zusätzlichen Haltestellen im urbanen Gebiet zu einem Feinverteiler mutiert – ähnlich wie das bei der Tramlinie 10 der Fall ist.
In diesem Licht besehen erstaunt allerdings sehr, dass die Delegiertenversammlung der Zürcher Planungsgruppe Glattal (ZPG) vom 24.6.09 die im Regionalen Richtplan Glattal eingetragenen Tramlinien wieder gestrichen hat. Begründet wurde dies einerseits damit, dass es keine doppelten Einträge für eine Stadtbahn und ein Tram brauche und anderseits, Teilstrecken seien bereits im kantonalen Verkehrsrichtplan festgelegt. Soweit, so gut. Nur wurden damit auch Strecken gestrichen, die nun weder im kantonalen noch im regionalen Richtplan festgehalten sind. Damit ist aber eine sinnvolle, grenzüberschreitende Tramvernetzung in Zürich Nord nicht mehr möglich. Im Gegensatz zum Dübendorfer Stadtrat, der diese Raum- und Trasseesicherung als nicht mehr nötig erachtete, bemängelte die Stadt Zürich in der Vernehmlassung im Februar 2009 zu Recht die Streichung der eingetragenen Linien und beantragte, mindestens die Verlängerung der Tramlinie 9 beizubehalten. Dieses Vertreten von zufälligen Partikularinteressen durch die Gemeindepräsidenten innerhalb der Zürcher Planungsgruppen zeigt, dass es eine übergeordnete Sicht braucht. Darum habe ich zusammen mit der GLP und der FDP eine Anfrage im Kantonsrat eingereicht, welche eine kantonale Stadtbahnstrategie thematisiert.

Es ist aus verkehrspolitischen, raumplanerischen und städtebaulichen Gründen äusserst wichtig, den Raum für künftige Schienenkorridore jetzt zu sichern. In diesem Lichte besehen, erachte ich das defintive Aus für einen S15-Halt im Bahnhof Dübendorf als Chance, unser Energie für eine optimale Bus- und spätere Tramerschliessung der Dübendorfer Stadtlandschaft innerhalb von Zürich Nord einzusetzen.

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Juni 2009

Umnutzung Militärflugplatz Dübendorf: Zögerlicher Regierungsrat

Am 15. Juni hat der Kantonsrat mein Postulat abgeschrieben, im welchem ich forderte, er soll seine Ideen darlegen, wie er auf die künftige Nutzung des Militärflugplatzes Dübendorf Einfluss nehmen will. Zu Recht haben wir den Vorstoss abgeschrieben, weil die Frage durch die laufenden Planungen und regierungsrätlichen Äusserungen von der Zeit überholt wurde. Aber nicht abgeschrieben werden kann das Thema! Dieses bleibt hoch aktuell, wichtig und dringlich. Interessant ist immerhin das zeitliche Zusammenfallen des Berichts zum Postulat mit dem Abschluss der ersten Testplanungen Ende November 2008. Dann brauchte die Regierung ein halbes Jahr, um uns nun mitzuteilen, der ‚Berg habe eine Maus’ geboren.

Nebst den verschiedenen Präsentationen anlässlich der Medienkonferenz vom 8. Juni bietet die Medienmitteilung eine interessante Lektüre. Dort erfährt man vor allem, wohin die Reise gehen sollte, auch wenn sich die Regierung sichtlich schwer tut  mit einer strategischen Wertung. Positiv ist zu werten, dass der Regierungsrat das Flugplatzgelände als eine ‚strategische Landreserve für Sondernutzungen im kantonalen und nationalen Interesse’ betrachtet, auf der kein 'Jekami' stattfinden soll. Genau darum sollten aber bereits heute die Rahmenbedingungen etwas eingeschränkt werden, um bis Ende 2009 wirklich Handfestes präsentieren zu können. Ursprünglich war der Flugbetrieb auf 2010 beschränkt, mit der Option 2014. Diese hat der Regierungsrat vor rund anderthalb Jahren aus raumplanerischen Überlegungen auch eingefordert. Das machte Sinn, sofern diese Zeit dazu genutzt wurde, die Planung anzugehen. Das tut die Regierung zwar, aber zuwenig konsequent. Ich werde den Eindruck nicht los, dass die Regierung sich aus politischen Gründen nicht einig ist, wie es weiter gehen soll. Eine höchst zwiespältige Rolle spielt dabei Regierungsrätin Rita Fuhrer, die sich einerseits als Volkswirtschaftsdirektorin zusammen mit den Kollegen  der anderen Kantone für einen Innovationspark stark macht und sich anderseits in den Medien für den Erhalt des Militärflugplatzs Dübendorf einsetzt. So kommen wir natürlich keinen Schritt weiter. Ich befürchte, dass die Regierung den Mut vor den eigenen, guten Ideen verliert, das Ganze in gutschweizerischer Mittelmässigkeit versinkt und einmal mehr ganz kleine Brötchen gebacken werden. Dies wäre schlecht für die Region Glattal, für die Metropole Zürich und die Schweiz.

Ich erwarte vom Regierungsrat folgendes:
Erstens soll er sich beim Bundesrat jetzt dafür einsetzen, dass dieser Standort 2014 definitiv aufgegeben wird – und nicht auf einen voraussichtlichen Entscheid des VBS im Jahr 2010 wartet.
Zweitens soll er Abstand nehmen von einer weiteren aviatischen Nutzung, weil alle Planungsbüros grundsätzlich zum Schluss kommen, dies sei nicht vereinbar mit einer nachhaltigen Entwicklung – also aus ökonomischen, sozialen und ökologischen Gründen. Es braucht keinen zweiten zivilen Flugplatz im Raum Zürich. Zudem stellt jeder Flugplatz  eine ‚terra proibita’ dar, also ein Gelände, das nicht benutzbar ist für die Öffentlichkeit. Warum die Flughafen AG, in dessen Verwaltungsrat der Kanton ja Einsitz hat, erst jetzt nach ihren Gelüsten bezüglich Flugplatz Dübendorf gefragt wird, bleibt mir schleierhaft.
Drittens soll die Regierung stärker signalisieren, dass sie diesen Standort richtig und wichtig findet für ein Innovationszentrum, das den Lebens- und Wirtschaftsstandort Zürich und letztlich die Schweiz nachhaltig stärkt. Andere Standortkantone schlafen nicht – auch wenn sie weit schlechtere Karten haben. Die Verknüpfung eines gemeinsamen Standortes für Bildung, Forschung und Innovation mit einem nachhaltig gestalteten Arbeits-, Wohn- und Erholungskonzept  ist hier optimal gegeben. Die Wissenschaft und die Wirtschaft zeigen ihre klare Bereitschaft – und warten auf das dritte Standbein: die Politik!

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Januar 2009

pdf des Tribüneartikels im Tages Anzeiger (Oberland) vom 13. Dezember 2008

Wo ein Tram fährt, entsteht Stadt

Fast unmerklich wächst die Stadt. Und sie tut dies zunehmend auf Schienen und zwar auf Tramschienen. Ich meine damit nicht die politische Stadt Zürich sondern den Grossraum Zürich mit der Kernstadt Zürich und seinen umliegenden Trabantenstädten wie z.B. Dübendorf – ein Stadtraum von insgesamt 800'000 Einwohnerinnen und Einwohnern! Wir sprechen zwar oft von der Stadt, meinen aber nur den Kern, ohne zu merken, dass wir längst ein Teil dieser Stadt geworden sind. Und dabei macht vielen Menschen das Wort Stadt Angst statt sie neugierig zumachen. Stadt wird im sogenannten Speckgürtel um die Stadt mit Beton gleichgesetzt, auch wenn unsere Gemeinden oft unwirtlicher sind als Quartiere in der Kernstadt und drohen im Verkehr zu ersticken. Sofern wir dieses Wachsen der Stadt aber nicht passiv geschehen lassen sondern aktiv am Stadtraum, dem städtischen Lebensraum mitarbeiten, eröffnet sich uns eine riesige Chance, diesen Raum optimal mitzugestalten. Und zwar nachhaltig im klassischen, volkswirtschaftlichen Sinn: sozial gut durchmischt, wirtschaftlich prosperierend und ökologisch vorbildlich. So, wie eben Städte früher gebaut wurden.
Und dabei hilft uns die Renaissance der Strassenbahnen oder wie hier im mittleren Glattal die Glattalbahn. Seit an dieser Bahn gebaut wird, verändert sich das Stadtbild rasend schnell: Hochstehender Wohn- und Arbeitsraum entsteht, hervorragend erschlossen durch die Stadtbahn, verbunden mit einer Aufwertung der sie umgebenden Landschaft. Am14. Dezember wird die zweite Etappe zum Flughafen Zürich eröffnet und im Dezember 2010 die dritte und vorläufig letzte Etappe zum Bahnhof Stettbach. Dieser Bahnhof wird dann eine der grössten Drehscheiben des öffentlichen Verkehrs im Kantons Zürich sein. Und darum ist es auch wichtig, dass dort hoch stehende Architektur entsteht. Denn dort wo das Tram fährt, entsteht neuer, vorbildlich gebauter Stadtraum.
Nehmen Sie sich die Zeit für eine Tramfahrt durch die Stadt Zürich, für eine Fahrt mit der Glattalbahn zum Flughafen oder für eine Stadtwanderung zum Glattpark. Die Veränderung des Raums wird durch die Glattalbahn weit mehr geprägt als durch viele Entscheide in den kommunalen Parlamenten und Exekutiven rund um die Stadt Zürich. Eigentlich schade, dass dort dieser faszinierende Prozess nicht mit mehr Engagement begleitet wird, weil man meint, die Erde kreise um das eigene Gemeindezentrum. Einblicke in europäische Grossstädte, die nun wieder in Strassenbahnen investieren, zeigen, wie der Strassen- und Stadtraum aufgewertet wird: öffentlicher Verkehr, motorisierter Individualverkehr sowie Fahrrad und Fussgänger teilen sich den Platz unter Alleebäumen. Dabei wird auch festgestellt, dass im Unterschied zu Buslinien schienengebundene öffentliche Verkehrsmittel eine weit grössere Aufwertung des städtischen Lebensraumes bewirken. Das wird nicht anders sein beim im Bau befindlichen Tram Zürich West und der Glattalbahn.
Und darum ist es äusserst wichtig, dass nach der Fertigstellung der dritten Etappe im Glattal weitere Schienen gelegt werden: Tram7-Verlängerung über die Zürichstrasse zum Bahnhof Dübendorf, Ringbahn Hardwald - zumindest vom Giessen bis zum Bahnhof Dübendorf (bis die Entwicklungsstrategie auf dem Militärflugplatz Dübendorf klar ist) und eine Tramverlängerung der Linie 9 vom Altried via Überlandstrasse zum Bahnhof Dübendorf. Damit sich der Grossraum Zürich so entwickelt, wie sich eine Stadt entwickeln soll: ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig. Und das letztlich zusammenwächst, was eigentlich zusammen gehört – zu einer heterogenen Grossstadt Zürich, in der es verschiedene Quartiere mit je ihrer eigenen Ausstrahlung gibt.
Eine Strassenbahn oder Stadtbahn ist der Motor dazu und gleichzeitig das Rückgrat. Freuen wir uns auf die Glattalbahn und freuen wir uns auf die Stadt! Und vergessen wir nicht: Die Wertschöpfung entlang von Stadt- und Strassenbahnen ist riesig: Bei der Glattalbahn schätzt man diese auf einen Faktor fünfzehn; d.h. die in den Bau investierten 600 Millionen Franken werden private Investitionen von rund 10 Milliarden auslösen.

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